Wegen des Sachverhalts, der Gegenstand eines Disziplinarverfahrens ist, können auch Straf- oder Bußgeldverfahren, staatsanwaltliche Ermittlungen oder Verwaltungsgerichtsverfahren eingeleitet werden. Das Gesetz regelt die Auswirkungen solch sachgleicher Parallelverfahren oder des Zeitablaufs auf das Disziplinarverfahren mit sog. Maßnahmeverboten.
Hindernisse für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens
Die §§ 14 und 15 BDG bzw. §§ 17 und 18 HDG beschreiben sog. Maßnahmenverbote. Ist zu erwarten, dass eine Disziplinarmaßnahme aufgrund dieser nicht in Betracht kommt, wird kein Disziplinarverfahren eingeleitet (§ 17 Abs. 2 BDG bzw. § 20 Abs. 2 HDG).
Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs
§ 15 BDG bzw. § 19 HDG regelt, wann welche Disziplinarmaßnahme nicht mehr verhängt werden darf, und sieht für die Bestimmung je nach Maßnahme gestaffelte Fristen von 2 bis 7 Jahren vor; ausgenommen hiervon sind nur die Höchstmaßnahmen »Entfernung aus dem Beamtenverhältnis« und »Aberkennung des Ruhegehalts«. Soll also ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden, muss zunächst geprüft werden, ob seit Begehen des Dienstvergehens eine der genannten Fristen verstrichen ist. Darüber hinaus muss ebenfalls absehbar sein, dass es nicht mit der Verhängung einer der Höchstmaßnahmen endet. Kommt diese Prüfung zu dem Ergebnis, dass dies der Fall ist, darf ein Disziplinarverfahren nicht eingeleitet werden.
Maßnahmeverbot wegen Verurteilung
Endete ein sachgleiches Straf- oder Bußgeldverfahren mit der unanfechtbaren Verhängung einer Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme oder kann eine Tat nach der Erfüllung von Weisungen und Auflagen nach § 153a Abs. 1 S. 5 oder Abs. 2 S. 2 StPO nicht mehr als Vergehen verfolgt werden, hat auch dies Auswirkungen auf das Disziplinarverfahren:
- Nach dem beschränkten Maßnahmeverbot des § 14 Abs. 1 BDG bzw. § 17 Abs. 1 HDG dürfen dann die Disziplinarmaßnahmen »Verweis«, »Geldbuße« und »Kürzung des Ruhegehalts« nicht mehr verhängt werden.
- Ein Disziplinarverfahren darf nicht eingeleitet werden, wenn bereits absehbar ist, dass es voraussichtlich mit einem Verweis, einer Geldbuße oder der Kürzung des Ruhegehalts endet. Das gilt auch bei einer voraussichtlichen Kürzung der Dienstbezüge, es sei denn diese ist zusätzlich erforderlich, um die Beamten zur Pflichterfüllung anzuleiten (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 BDG bzw. § 17 Abs. 1 Nr. 2 HDG).
- Für die statusverändernden Maßnahmen »Rückstufung« und »Entfernung aus dem Beamtenverhältnis« und für die Höchstmaßnahme »Aberkennung des Ruhegehalts« sieht § 14 Abs. 1 BDG bzw. § 17 Abs. 1 HDG kein Maßnahmeverbot vor. Ist voraussichtlich mit einer solchen Maßnahme zu rechnen, muss das Disziplinarverfahren trotz strafrechtlicher Ahndung eingeleitet werden.
Maßnahmeverbot wegen Freispruchs
Endete das Straf- oder Bußgeldverfahren rechtskräftig mit einem Freispruch, darf ein Disziplinarverfahren wegen des Maßnahmeverbots des § 14 Abs. 2 BDG bzw. § 17 Abs. 2 HDG nicht eingeleitet werden. Ausgenommen hiervon sind Dienstvergehen, die nicht den Tatbestand einer Straf- oder Bußgeldvorschrift erfüllen (sog. disziplinarrechtlicher Überhang).
Aussetzung des Disziplinarverfahrens
Wurde öffentlich Klage im Strafverfahren erhoben, muss ein behördliches Disziplinarverfahren, sofern es sich um denselben Sachverhalt handelt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 BDG bzw. § 25 Abs. 1 HDG). Ist bereits vor Einleitung des Disziplinarverfahrens ein Strafverfahren anhängig, muss es zwar eingeleitet, aber sofort wieder ausgesetzt werden. Bei einem gerichtlichen Bußgeldverfahren, einem Verwaltungsgerichtsverfahren oder bei staatsanwaltlichen Ermittlungen kann das Disziplinarverfahren ausgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 BDG bzw. § 25 Abs. 3 HDG).
Einstellung des Disziplinarverfahrens
Neben den bereits oben genannten Gründen, die zur Einstellung eines Disziplinarverfahrens führen können (Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs, Verurteilung oder Freispruch), führt auch ein rechtskräftiges Urteil eines deutschen Strafgerichts zu seiner Einstellung, wenn Beamte während des Disziplinarverfahrens ihre Beamtenrechte verlieren (§ 41 BBG, § 24 BeamtStG). Das gilt auch für Entlassungen nach den §§ 31 ff. BBG bzw. §§ 22 f. BeamtStG. Das bedeutet: Sie können sich einem Disziplinarverfahren entziehen, wenn Sie Ihre Entlassung beantragen (§ 33 BBG bzw. § 23 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG). Im Unterschied zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Ergebnis eines Disziplinarverfahrens müssen sie dann aber auf die Zahlung eines vorübergehenden Unterhaltsbeitrags nach § 10 Abs. 3 BDG bzw. § 13 Abs. 3 HDG verzichten.
Bindungswirkung tatsächlicher Feststellungen in einem anderen sachgleichen Verfahren
Im behördlichen Disziplinarverfahren dürfen keine Ermittlungen geführt werden, wenn der für die disziplinarrechtliche Ahndung maßgebliche Sachverhalt aufgrund anderer sachgleicher Verfahren bereits feststeht. Das betrifft
- Feststellungen eines sachgleichen rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren (§ 21 Abs. 2 S. 1 BDG bzw. § 24 Abs. 2 S. 1 HDG) und
- Feststellungen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, durch das nach § 9 BbesG bzw. § 8 HBesG über den Verlust der Besoldung bei schuldhaft unerlaubtem Fernbleiben vom Dienst entschieden wurde (§ 21 Abs. 2 Satz 1 BDG bzw. § 24 Abs. 2 S. 1 HDG).
Die tatsächlichen Feststellungen eines sachgleichen rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind für das Disziplinarverfahren bindend (§ 23 Abs. 1 BDG bzw. § 26 Abs. 1 HDG). Das bedeutet, dass das disziplinarrechtliche Schicksal von Beamten damit faktisch im Strafverfahren vorentschieden wird. Disziplinarmaßnahmen wie die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder Zurückstufung können Beamte dabei beruflich und persönlich härter treffen als der Strafausspruch. Keine Bindungswirkung lösen Einstellungsurteile der Strafgerichte oder Strafbefehle aus.
Wurde der Sachverhalt in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren oder auf sonstige Weise bereits aufgeklärt, zum Beispiel durch ein polizeiliches oder staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren oder ein Bußgeldverfahren, kann von Ermittlungen im Disziplinarverfahren abgesehen werden (§ 21 Abs. 2 S. 2 BDG bzw. § 24 Abs. 2 S. 2 HDG). Das können auch Verfahren sein, die andere an der Begehung des Dienstvergehens beteiligte Personen betreffen. Die so gewonnenen tatsächlichen Feststellungen sind zwar nicht bindend, können im Disziplinarverfahren aber ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt werden (§ 23 Abs. 2 BDG bzw. § 26 Abs. 2 HDG).